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White Paper: Anreize fr Forschung und Entwicklung fr Versorgungs- und Systeminnovationen im Gesundheitswesen

Verfasser:
Helmut Hildebrandt, Dr. Christoph Bischoff-Everding, Magnus Stve, Dr.Thomas Kolzau, Peter Saade, Dr. Eva-Julia Weyler, Dr. Jrg Cortekar Hildebrandt GesundheitsConsult GmbH Webadresse: www.gesundheitsconsult.de

White Paper Forschung und Entwicklung (F&E) fr Versorgungs- und Systeminnovationen im Gesundheitswesen Juni 2008

Projekt:

White Paper: Forschung und Entwicklung (F&E) fr Versorgungsund Systeminnovationen im Gesundheitswesen

Projektleitung: Projektbearbeitung:

Helmut Hildebrandt Dr. Christoph Bischoff-Everding, Magnus Stve, Dr. Thomas Kolzau, Peter Saade, Dr. Eva-Julia Weyler

Stand: Anschrift:

3. Juni 2008 Hildebrandt GesundheitsConsult GmbH Borsteler Chaussee 53 22453 Hamburg Telefon: 040 5148 55-0 Telefax: 040 - 5148 55-14 E-Mail: office@gesundheitsconsult.de Website: http://www.gesundheitsconsult.de

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Inhaltsverzeichnis 1 1.1 1.2 1.3 1.4 1.5 1.5.1 1.5.2 1.5.3 1.5.4 1.5.5 Vorschlag fr die Entfaltung einer Kultur von Forschung und Entwicklung (F+E) fr Versorgungs- und Systeminnovationen im Gesundheitswesen.................... 5 Executive Summary .......................................................................................................... 6 Bedarf fr eine Kultur von Forschung und Entwicklung (F+E) fr Versorgungsinnovationen im Gesundheitswesen............................................................. 8 Ausrichtung von F&E fr Versorgungsinnovationen im Gesundheitswesen .................. 10 Was hat bisher die Umsetzung von Versorgungsinnovationen behindert? .................... 11 Vorschlag fr ein Manahmenpaket Forschung und Entwicklung (F&E) fr Versorgungsinnovationen nach Ablauf der Anschubfinanzierung................................. 13 Direkte gesetzgeberische Initiativen ......................................................................... 13 Indirekte gesetzgeberische Befreiungen und Verpflichtungen fr Krankenkassen und Versicherungen........................................................................ 14 Indirekte gesetzgeberische Befreiungen und Verpflichtungen fr Leistungserbringer .................................................................................................... 16 Indirekte gesetzgeberische Befreiungen und Verpflichtungen fr die gesundheitsnahe Industrie........................................................................................ 17 Indirekte gesetzgeberische Befreiungen und Verpflichtungen fr Patienten und Versicherte......................................................................................................... 18

2 2.1 2.2 2.3 2.4

Umfrage unter Meinungsbildern im Gesundheitswesen............................................... 19 Einleitung ........................................................................................................................ 19 Ziel................................................................................................................................... 19 Methodik.......................................................................................................................... 19 Umfrageergebnisse......................................................................................................... 21 Anschubfinanzierung kontrovers beurteilt ............................................................. 21 Forschungs- und Entwicklungskultur im Gesundheitswesen bentigt die richtigen Anreize ....................................................................................................... 24 Die Gesetzgebung - hier wird der grte Vernderungsbedarf gesehen................. 27 Krankenkassen und Versicherungen.................................................................... 27 Leistungserbringer (rzte, Apotheken, Krankenhuser, Hilfs- und Heilmittel, Pflege).................................................................................................. 29 Industrie ................................................................................................................ 30 Bevlkerung .......................................................................................................... 31 Zusammenfassung der Umfrageergebnisse und Fazit................................................... 32 Anhang ............................................................................................................................... 37 Bezugsoption: Detailergebnisse der Umfrage ............................................................... 37 ber Hildebrandt GesundheitsConsult GmbH................................................................ 37 Verwendeter Fragebogen ................................................................................................. 40

2.4.1 2.4.2 2.4.3 2.4.3.1 2.4.3.2 2.4.3.3 2.4.3.4 2.5 3 3.1 3.2 4

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Abbildungsverzeichnis Abbildung 1 Relativer Anteil der einzelnen Befragungsgruppen an allen Befragten .....21 Abbildung 2 - Die Anschubfinanzierung hat Ihren Zweck erfllt und ist in dieser Form nicht mehr ntig .................................................................................................................22 Abbildung 3 - Die Anschubfinanzierung hat gerade erste Anste gegeben und muss deutlich aufgestockt werden, um Wettbewerbsanreize zu liefern .....................................22 Abbildung 4 - Die Anschubfinanzierung war von vornherein verfehlt, hat falsche Anreize gesetzt und sollte abgeschafft werden.................................................................23 Abbildung 5 - Anschubfinanzierung in der Einzelbewertung.............................................24 Abbildung 6 Themenkomplex F&E Frage 2: Fr die positive Weiterentwicklung der F&E Kultur im Gesundheitswesen ist die berwindung sektoraler Grenzen essentiell....25 Abbildung 7 Themenkomplex F&E Frage 1: .....................................................................26 Abbildung 8 Themenkomplex F&E Frage 3: .....................................................................26 Abbildung 9 Themenkomplex F&E Frage 4: .....................................................................26 Abbildung 10 Themenkomplex F&E Frage 5: ...................................................................26 Abbildung 11 - Mglichkeiten und Pflichten fr Krankenkassen durch den Gesetzgeber ......................................................................................................................28 Abbildung 12 - Mglichkeiten und Pflichten fr Leistungserbringer durch den Gesetzgeber ......................................................................................................................29 Abbildung 13 - Mglichkeiten und Pflichten fr die Industrie durch den Gesetzgeber .....31 Abbildung 14 - Mglichkeiten und Pflichten fr die Bevlkerung durch den Gesetzgeber ......................................................................................................................32 Abbildung 15 Die 15 am strksten vertretenen Positionen ............................................34

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Vorschlag fr die Entfaltung einer Kultur von Forschung und Entwicklung (F+E) fr Versorgungs- und Systeminnovationen im Gesundheitswesen

Das Anreizmittel Anschubfinanzierung zur Frderung der Integrierten Versorgung nach 140 a ff SGB V endet mit dem Jahr 2008. Die Politik sucht nach Konzepten zur Weiterentwicklung der Anreizinstrumente nach 2008 und will Vorschlge erhalten, wie man bei Kostentrgern wie Leistungserbringern eine Kultur von Forschung und Entwicklung (F+E) fr Versorgungsinnovationen im Gesundheitswesen aufbauen und nachhaltig implementieren knnte.

Dazu hat Hildebrandt GesundheitsConsult GmbH im Laufe des Januar 2008 Meinungsbildner aus allen Bereichen des Gesundheitswesens (Vertragsrzte, Krankenkassen, Krankenhuser, Wissenschaft, Industrie) befragt. Aus den Antworten zu Anschubfinanzierung, den heutigen Hemmnissen fr Forschung & Entwicklung und zur Einflussnahme durch den Gesetzgeber haben wir einen Vorschlag fr die Entfaltung einer Kultur von Forschung und Entwicklung (F+E) fr Versorgungsinnovationen im Gesundheitswesen als White Paper entwickelt. Im zweiten Teil des White Papers sind die Antworten der Befragten wiedergegeben, zum Teil auch ausgewertet nach dem beruflichen Kontext der Befragten. Eine Detailanalyse kann auf Anfrage gerne zugestellt werden. In einer zweiten Diskussionsschleife wurden die Vorschlge den 190 Teilnehmern der Umfrage noch einmal vorgelegt und zur Diskussion gestellt.

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1.1

Executive Summary

Versorgungsinnovationen und damit Systeminnovationen sind fr die Zukunft des Gesundheitswesens, die Bewltigung der demografischen Herausforderung und die Vorbereitung der deutschen Gesundheitswirtschaft auf die Herausforderungen der Europisierung von ganz entscheidender Bedeutung. Die Anschubfinanzierung der Integrierten Versorgung (IV) hat in insgesamt 5.475 Vertrgen (Stand 1.Q.2008, BQS)1 wichtige Anste gegeben fr die Entwicklung von Versorgungsinnovationen im Gesundheitswesen und hat zu groen Lerneffekten sowohl bei den Leistungserbringern wie bei den Kostentrgern gefhrt. Sie hat aber noch lange nicht das Potenzial ausgefllt, das sich noch an Systemwirtschaftlichkeit fr die Zukunft verbirgt. Mit dem Auslaufen der Anschubfinanzierung zum Ende 2008 und auch aufgrund von problematischen Anreizwirkungen des Gesundheitsfonds muss deshalb heute die Diskussion gefhrt werden, mit welchen Methoden eine Verstetigung der Entwicklung und Einfhrung von Versorgungsinnovationen befrdert werden kann. Das White Paper fordert dazu eine strkere Gesamtausrichtung des Gesundheitswesens und der konomischen Anreizmechanismen aller Beteiligten auf eine Ergebnisorientierung, d. h. den produzierten Gesundheitsnutzen ber den gesamten Behandlungsprozess und Krankheitszyklus hinweg. Das White Paper diskutiert die Herausforderungen und die Bedarfe fr eine Verstetigung von Versorgungsinnovationen in diesem Sinne und schlgt ein Manahmenbndel vor zur Entwicklung und Frderung einer Kultur von Forschung und Entwicklung (F+E) fr Versorgungsinnovationen im Gesundheitswesen. Vier Kernelemente seien hier herausgehoben:

Einfhrung eines F+E-Anschubbudgets als Teil des Gesundheitsfonds: Die Krankenkassen sollen fr einen gewissen Anteil der Gesamtausgleichsbetrge des Gesundheitsfonds (wir denken an eine Grenordnung von 1-3%, d.h. 1,5 bis 4,5 Milliarden Euro) einen Nachweis fhren, dass sie entsprechende Investitionen in F+E fr Versorgungs- und System-

Quelle vgl.: http://www.bqs-register140d.de/dokumente/20080331.pdf

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innovationen vorgenommen haben. Wenn sie diesen Nachweis nicht fhren knnen, dann geht dieser Anteil an den Gesundheitsfonds zurck und steht allen Krankenkassen wiederum fr das nchste Jahr zur Verfgung. (berfhrung der bisherigen Anschubfinanzierung mit dem 1% Einbehalt bei den Vergtungen der Krankenhuser und rzteschaft jetzt auf eine entsprechende Regelung bei den Krankenkassen) Nheres vgl. S.15 Transparenzverpflichtung der Krankenkassen zu Berichten zur Versorgungsqualitt ihrer Versicherten anhand eines definierten Sets von Qualittsindikatoren (Weiterentwicklung der bereits vorhandenen Qualittsberichtsverpflichtungen der Krankenhuser, jetzt auch auf Krankenkassen) S.15 Ergebnisbezogene Modulation der selektiv- wie kollektivvertraglichen Vergtungen in Abhngigkeit von dem geschaffenen Gesundheitsnutzen (im angloamerikanischen Sprachraum u.a. als Pay-for-performance diskutiert). . S.16 Grndung eines Kapitalfonds zur Investitionsfinanzierung fr Unternehmensformen im Bereich von Versorgungsinnovationen (etwa durch zinsbegnstigte Darlehen analog der Mittelstandsfrderung ber die Bankengruppe der Kreditanstalt fr Wiederaufbau) .S.13

Das White Paper greift mit seinen Vorschlgen zurck auf eine breite Diskussion, die national wie international in den Gesundheitswissenschaften wie der Gesundheitskonomie und im Sachverstndigenrat gefhrt wird. Verwiesen seien dazu u.a. auf die Beitrge von Krauth/Schwartz/Perleth/Graf von Schulenburg2, von Porter/Teisberg3, Enthoven/Tollen4 und Lngen/Gerber/Lauterbach5.

Krauth, Ch., Schwartz, F. W., Perleth, M., Graf von Schulenburg, J.-M. : "Zur Weiterentwicklung des Vergtungssystems in der ambulanten rztlichen Versorgung. Gutachten im Auftrag der Bundestagsfraktion Bndnis 90/Die Grnen", 1997 Porter, M.E./Teisberg, E.O. (2006): Redefining Health Care Creating Value-Based Competition on Results, Boston (Mass.) Enthoven, A.C./Tollen, L.A. (2005): Competition in Health Care: It Takes Systems to Pursue Quality and Efficiency, in: Health Affairs, W5, p.420ff (7.Sept.2005) Lngen, M./Gerber, A./Lauterbach, K.W. (2008): Pay-for-Performance: Neue Impulse fr den Wettbewerb zwischen Krankenhusern, in: Klauber, J./Robra, B.-P./Schnellschmidt, H. (Hrsg.): Krankenhausreport 2007: Krankenhausvergtung Das Ende der Konvergenzphase?, Stuttgart, New York

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1.2

Bedarf fr eine Kultur von Forschung und Entwicklung (F+E) fr Versorgungsinnovationen im Gesundheitswesen

Wenn es eine Gemeinsamkeit aller Beteiligten im deutschen Gesundheitswesen gibt, dann sicherlich diese: Die heutigen Ablaufprozesse der Patientenversorgung sind vielfach aufgrund der sektoralen konomischen Begrenzungen nicht zeitgem, verursachen Unwirtschaftlichkeiten, sind nicht patientenfreundlich und bedrfen dringend der Vernderung. Aus epidemiologischer und gesundheitskonomischer Sicht, so u. a. in den letzten Gutachten des Sachverstndigenrats, wird in diesem Zusammenhang die mangelnde Ergebnisorientierung der Versorgungsprozesse beschrieben. Die jeweiligen Verbnde der Leistungserbringer beklagen die Begrenzung und Sinnwidrigkeit der sektoralen Budgetierung mit ihrer inhrenten Innovationsbremse durch die Deckelung der Budgets. Die Kostentrger sehen insbesondere die fehlende Effizienz des gesamten Behandlungsprozesses, wenn etwa aus sektoraler Budgetierung ambulante Leistungserbringer auf eine eigentlich mgliche intensivierte ambulante Betreuung zugunsten einer stationren Einweisung verzichten. Die Industrie wiederum beklagt, dass die Einfhrung neuer Techniken und Verfahren, die positive Wirkungen in einem anderen Sektor oder bei einem anderen Kostentrger hat, durch den Sektorblick der jeweiligen Leistungserbringer behindert wird und so Wettbewerbsnachteile fr Industrie wie das Gesundheitssystem als Ganzem produziert. Als zum Beginn des Jahres 2000 die zur Integrierten Versorgung 140a-h in das SGB V neu eingefhrt wurden, geschah dies unter folgenden berlegungen: Die bisher in Deutschland vorherrschende sektoral organisierte Gesundheitsversorgung verursacht Abstimmungsprobleme und Unwirtschaftlichkeiten. Die sektorale Versorgung fhrt notwendigerweise zu hheren Kosten fr das Gesamtsystem, da jeder Sektor auf seine eigene Wirtschaftlichkeit achtet aber nicht auf die Gesamtwirtschaftlichkeit quer ber den Behandlungsprozess. Aus Erfahrungen in der Schweiz und in den USA gab es Schtzungen, die bis zu 30 % Einsparmglichkeiten prognostizierten. Statt der medizinischen Effizienz der Behandlung und statt eines gesundheitlichen Outcomes steht fr die einzelnen Sektoren die je eigene Umsatz- und wirtschaftliche Erfolgsmaximierung im Mittelpunkt des Handelns Diese Orientierung erweist sich als ein entscheidendes Hindernis fr die Entwicklung von Prozesseffizienz.

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Da sich das System auf der zentralen Ebene als nahezu reformunfhig erwiesen hat, sollten auf der lokalen Ebene Reformen und unterschiedliche Experimente ermglicht werden.6

Die Anschubfinanzierung der Integrierten Versorgung mit der ihr innewohnenden Mglichkeit der berbrckung der sektoralen Budgetierungen ist im Rckblick bei aller Kritik, im Detail durchaus als ein erfolgreicher Ansto fr erste Entwicklungen von vielversprechenden Versorgungsinnovationen zu verstehen. Dieser Ansto sollte aber nicht abgebaut sondern weiter ausgebaut werden. Wenn sie jetzt nach Meinung des Gesetzgebers (und geltendem Recht) mit dem 31.12.2008 auslaufen soll, mssten dafr andere Wege und Mittel gefunden, den gleichen oder einen noch besseren Effekt zu entwickeln. Hhere Qualitt und mehr Wirtschaftlichkeit wrden sich dabei nicht ausschlieen, aber wie immer erfordert die Entwicklung von mehr Effizienz zunchst einmal das Investment in solche Effizienzsteigerungen und den Abbau entsprechender Hemmnisse. Hierfr marktorientierte Lsungen zu finden, halten wir fr eine entscheidende, aktuell anstehende Aufgabe. Die Innovation und Vernderung von Versorgungslsungen wird dabei immer auf die Widerstnde derjenigen stoen, die fr sich in der Beibehaltung der aktuellen Versorgungslsung mehr Vorteile finden. Deshalb muss eine gesetzgeberische Initiative notwendigerweise Mittel und Wege suchen, wie die Innovatoren, wenn sie tatschlichen Mehrnutzen fr die Gesundheit der Bevlkerung entwickeln, belohnt werden. Der Entwicklung von Versorgungsinnovationen ist im brigen nicht nur ein gesundheitspolitisches, sondern in vielfltiger Weise auch ein wirtschafts- und beschftigungspolitisches Thema. Hier knnen Erfahrungen aufgebaut werden, die der deutschen Gesundheitswirtschaft einen internationalen Wettbewerbsvorteil verschaffen knnen. Zahlreiche Lnder arbeiten an berlegungen zur gnstigeren und besseren Organisation der Gesundheitsversorgung und suchen nach Lsungen, die Qualitt und Wirtschaftlichkeit miteinander zusammen bringen. Die bisher im Kontext der Anschubfinanzierung der Integrierten Versorgung in Deutschland entwickelten Modelle einer transsektoralen und zum Teil auch alle Indikationen berspannenden Versorgungsinnovation knnen dabei durchaus eine Leitfunktion fr die Zukunft bernehmen. Letzteres insbesondere deswegen, weil die US-amerikanischen Managed Care Modelle aus deren Erfahrungsschatz sich die deutschen Eigenentwicklungen zum Teil bedient haben auf dem Hintergrund des amerikanischen Gesundheitsmarktes in vielen Ln-

Stellungnahme zum Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Gesundheitssystems GMG , Hildebrandt, H., vorgelegt zur Anhrung des Ausschusses fr Gesundheit und Soziale Sicherung vom 23.6.2003 zur BT-Drs 15/1170 sowie 1174 und 1175

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dern eine gewisse Abstoungswirkung entfalten und die Kombination einer Integration der Versorgung mit einem solidarischen aber wettbewerblich organisierten Krankenkassensystems durchaus reizvoll erscheint. Eine kluge Entfaltung von Versorgungs- und Systeminnovationen kann deshalb fr die deutsche Gesundheitswirtschaft und die Weiterentwicklung des gesetzlichen wie auch privaten Krankenversicherung ein ganz entscheidender Erfolgsfaktor werden auch in der bertragung auf die Angleichung der Rahmenbedingungen im europischen wie auch weltweiten Kontext.

1.3

Ausrichtung von F&E fr Versorgungsinnovationen im Gesundheitswesen

Ende 2007 hat ein Expertengremium in einem MetaForum Innovation im Gesundheitswesen, veranstaltet von dem Fraunhofer Institut fr System- und Innovationsforschung, eine exzellente Beschreibung von Innovationen im Gesundheitswesen entwickelt, dem wir uns hier anschlieen wollen: Innovation im Gesundheitswesen ist nicht nur die Entwicklung und Einfhrung neuer Produkte, Prozesse und Strukturen. Vielmehr wird ein grundlegender Perspektivenwechsel erforderlich, um grundstzlich neue Potenziale zur Verbesserung des Gesundheitssystems erkennen und realisieren zu knnen. Dies gilt fr viele Bereiche, vor allem bedeutet es aber einen Paradigmenwechsel von einer krankheitsorientierten zu einer gesundheitserhaltenden Strategie, die Ausrichtung des Systems auf Brger, Versicherte und Patienten als aktiv Handelnde, die ganzheitliche Bercksichtigung ihres individuellen Bedarfs, und die alle Politikfelder bergreifende Betrachtung der Gesundheit als entscheidende Grundlage und Chance.7 Der etwas engere Bereich der Versorgungsinnovationen, das heit das Aufbrechen der sektoralen Schranken (bzw. in der Wirtschaft wrde man sagen, das Reengineering der Versorgungsprozesse), muss die oben angesprochene Ausrichtung mit aufnehmen. Das heit es muss um die gezielte gesamtgesellschaftlich sinnvolle Entwicklung von Gesundheitsnutzen stiftenden Versorgungsinnovationen gehen: Innovationen mssen sich ausrichten auf einen berlegenen Kosten-Nutzen des vernderten Prozessgeschehens gegenber der herkmmlichen Vorgehensweise. Dieser Kosten-Nutzen wird bei bei den in ihrer Prvalenz besonders wichtigen kostenintensiven chronischen Krankheiten nicht von heute auf morgen nachzuweisen sein, sondern wird auf mehrere Jahre zu

Memorandum zu Dimensionen der Innovation im Gesundheitswesen, MetaForum Innovation im Gesundheitswesen, Fraunhofer Institut fr System- und Innovationsforschung, 10.Dez.2007, S.2.

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rechnen sein und durchaus komplexe Evaluationsformen bentigen. Wichtiger ist es, die Entwickler und ihre mglichen Vertragspartner bei den Krankenkassen dafr zu incentivieren, diese gesamtgesellschaftlich wichtige Aufgabe nicht erst morgen, sondern bereits heute in Angriff zu nehmen. Erfolgreiche Versorgungsinnovationen zeichnen sich insofern durch folgende Bestandteile aus: Sie gehen direkt heran an die tatschliche Vernderung und Optimierung der Ablaufprozesse; Sie entwickeln eine umfassende Planung der gesamten Behandlungskette; Sie entfalten wirksamen Anreize fr Prvention; Sie achten zwar die jeweiligen wirtschaftlichen Interessen der einzelnen Leistungserbringer, bringen diese aber in ein wirtschaftliches Anreizsystem, das die Qualitt des Ergebnisses der Arbeit belohnt und nicht die Anzahl der Leistungen; Sie bernehmen einen Anteile an Gesamtverantwortung gegenber den Krankenkassen und dem Patienten; Sie beziehen den Patienten aktiv in die Planung und Absprache der Therapie (als Co-Therapeut) ein und etablieren eine formalisierte aktive Patientenbeteiligung; Sie unterziehen ihre Arbeit und deren Ergebnisse einer intensiven Evaluation und kooperieren eng mit der Versorgungsforschung.

1.4

Was hat bisher die Umsetzung von Versorgungsinnovationen behindert?

An dieser Stelle wird im Gesundheitswesen immer schnell auf die Unbeweglichkeit der krperschaftlichen Strukturen verwiesen und den etablierten Machtzentren vorgeworfen, sie wollten diese nicht mit evtl. neu entstehenden Zentren teilen. Dieser Vorwurf ist im Groen und Ganzen sicherlich berechtigt, u. E. aber nicht die Hauptursache. Auch die Komplexitt der emotionalen Seite des Geschehens, des Unverstndnisses und der Konflikte zwischen Niedergelassenen und dem Krankenhaus, der Angst vor dem Verlust der Selbstndigkeit, die Sorge um das Transparentwerden von Qualittsmngeln etc. lassen sich als Grnde argumentieren und vielerorts als eine der Scheiternsursachen finden, erklren aber immer noch nicht hinreichend die Vorsicht, mit der bisher an das Thema gegangen wird. Unseres Erachtens (und hier sind wir uns einig mit den Schluss-

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folgerungen eines 2003 in der Zeitschrift fr Arbeit und Sozialpolitik erschienenen Artikels8) muss primr einer konomischen Analyse der Vorrang gegeben werden.

Entwickelt und investiert wird da, wo mit hinreichender Sicherheit nachhaltig mit unternehmerischem Engagement Geld verdient werden kann. Und genau diese hinreichende Sicherheit fehlt bisher. Im Grunde mangelt es einer unternehmerischen Herangehensweise und dies erklrt sich aus folgenden Faktoren: Hohe Vorab-Investitionskosten: Die Unterschiedlichkeit der unterschiedlichen Systeme ambulant und stationr, Heilmittel, Pharma etc. erfordert eine aufwndige und komplexe Neuentwicklung z.B. von Ablaufstrukturen (integrierte Behandlungsleitfden), Synthese unterschiedlicher Codierungen und IT-Systeme (ICD 9,10 fr rzte und Krankenhuser unterscheiden sich, es gibt eine Vielzahl unterschiedlicher IT-Systeme und viele rzte arbeiten noch ganz ohne EDV) und Leistungsabrechnung (HVM/EBM im Vertragsrztebereich, Pflegestze bzw. DRGs im KH-/Reha-Bereich, GO im Privatbereich) bei Nebeneinander von herkmmlicher Finanzierung und IV-Finanzierung Unsicherheit der mglichen Refinanzierung der Investitionskosten: Unsicherheit der Investition: Werden Krankenkassen und Politik auf Dauer IV honorieren? Kann die Kostenentwicklung durch Morbidittsvernderung und technolog. Entwicklung dauerhaft abgebildet werden? Wie verndern sich die Rahmenbedingungen aufgrund der Einfhrung des Gesundheitsfonds und der Morbi-RSA? Werden die international gesehenen Einsparungspotenziale auch in Deutschland erreicht werden?

Gleichzeitig mssen die Unsicherheiten und Egoismen der jeweiligen Partner in diesem Vernderungsprozess bercksichtigt werden. Das beginnt bei den Kassen und geht ber die Kassenrztlichen Vereinigungen, die Niedergelassenen, die Krankenhuser bis hin zu den Patienten. Eine erfolgreiche Weiterentwicklung der Integrierten Versorgung und die Schaffung einer grundstzlichen Kultur und der entsprechend erforderlichen Etats fr Forschung und

Jacobs, Klaus (2003): Hchste Zeit fr sinnvollen Wettbewerb in der GKV. In: Gesundheits- und Sozialpolitik Heft 3/4, Mrz/April 2003, 57. Jahrgang. Baden-Baden: Nomos: 14-17

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Entwicklung (F&E) fr Versorgungsinnovationen mssen insofern auf verschiedenen Ebenen zugleich ansetzen.

1.5

Vorschlag fr ein Manahmenpaket Forschung und Entwicklung (F&E) fr Versorgungsinnovationen nach Ablauf der Anschubfinanzierung

In unserem Vorschlag lassen wir uns von dem Gedanken leiten, dass die beste Frderung von Forschung und Entwicklung (F&E) fr Versorgungsinnovationen dann gelingt, wenn die Finanzierung implizit in den Marktregularien enthalten ist. Jede separate Frderung auf Zeit hat dagegen immer auch problematische Anreizwirkungen, dennoch kann gelegentlich auf eine solche Ansto gebende Wirkung nicht verzichtet werden. In unserem Vorschlag kombinieren wir deshalb Elemente aus den beiden Anreizwegen.

1.5.1

Direkte gesetzgeberische Initiativen

Wenn die von uns (und anderen) beschriebene Situation korrekt wieder gegeben ist, dann fehlt zur nachhaltigen Entwicklung von Versorgungsinnovationen eine entsprechende nachhaltige Verdienstmglichkeit und eine ausreichende Kapitaldecke. Als Lsung fr das letztere schlagen wir die Prfung folgender Gestaltungsoptionen vor: Grndung eines zeitbegrenzt auf zehn Jahre angesetzten Kapitalfonds zur Investitionsfinanzierung fr Unternehmensformen im Bereich von Versorgungsinnovationen entsprechen der in 1.4 beschriebenen Ausrichtung Prfung, ob ein solcher Kapitalfonds mit anteiligen Sicherheitsverzichten und begnstigten Zinsstzen besser als wirtschaftspolitische oder gesundheitspolitische Initiative umgesetzt werden sollte. Fr das Erstere wre evtl. eine eigenstndige Frderung ber die Bankengruppe der Kreditanstalt fr Wiederaufbau (analog ihrer Mittelstandsfrderung) denkbar, fr das Zweite wre an eine direkte entsprechende Frderung aus dem Gesundheitsfonds zu denken. Beide Fondslsungen lieen sich verknpfen mit evtl. spezieller zustzlich begnstigter Frderung von Unternehmensgrndungen, die auf spezifische gesundheitspolitisch gewnschte Ziele hin arbeiten, so z. B. fr die Aufrechterhaltung von medizinischer Versorgung in lndlichen Rumen, fr die spezielle Beachtung der Einbeziehung von lteren Arbeitnehmern oder sozial schwcheren Bevlkerungsteilen oder auch Genderaspekten in die Versorgungsinnovation. Seite 13

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Insbesondere fr die Gesundheitsfonds-Lsung wrde sich eine begleitende Evaluationsverpflichtung anbieten, die Antragsteller auf eine unabhngige Kosten-NutzenAnalyse ihrer Ergebnisse ber einen ausreichend langen Zeitraum hin verpflichtet und die dafr bentigten Mittel in einem ausreichenden Mae zur Verfgung stellt. Zum speziellen Anreiz und zur Belohnung von Unternehmensgrndungen mit positivem gesamtgesellschaftlichem Kosten-Nutzen knnte ein teilweiser Rckzahlungsverzicht an die Ergebnisevaluation gebunden werden.

1.5.2

Indirekte gesetzgeberische Befreiungen und Verpflichtungen fr Krankenkassen und Versicherungen

Mittel- bis langfristig wirkende Versorgungsinnovationen, insbesondere solche mit Einbeziehung von prventiv wirksamen Elementen, fhren Krankenkassen und Versicherungen in die Problematik, dass die Kosten heute zu Buche schlagen, die Ertrge aber erst zeitlich verschoben produziert werden. Zu diesem Zeitpunkt aber knnte a) der Versicherte die Krankenkasse bereits verlassen haben und/oder b) die Krankenkasse selber knnte bereits nicht mehr existieren, da sie aufgrund der erhhten heutigen Kosten evtl. im Wettbewerb um Erstattungen bzw. Zusatzbeitrge nicht mehr bestehen konnte. Aus diesem Dilemma entsteht ein Disincentive fr F&E. Eine besondere Chance sehen wir dagegen in der Verpflichtung zur qualitts- und ergebnisbezogenen Berichterstattung sowie in der langfristigen Befreiung der Krankenkassen aus der Kameralistik und dem Rechtsrahmen der Krperschaft ffentlichen Rechts insbesondere letzteres auch unter dem Gesichtspunkt der europaweiten Konvergenz und damit der Export- und Weiterentwicklungschancen der deutschen Krankenkassen und Versicherungsunternehmen. Der aktuelle vorgelegte Kabinettsentwurf des GKV-Organisationsweiterentwicklungsgesetzes enthlt hier durchaus erste Anstze, etwa in der Annherung an das HGB, msste aber noch weiter daraufhin optimiert werden. Als Lsung schlagen wir die Prfung folgender Gestaltungsoptionen vor: In den Haushalts- und Buchfhrungsvorschriften der Krankenkassen wird eine eigene Regelung fr die Behandlung von F&E-Investitionen eingefhrt. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen bereitet im Einvernehmen mit dem Bundesministerium fr Gesundheit die Bedingungen vor, unter denen entsprechende schliche wie Dienstleistungsinvestitionen als F&E kategorisiert und als abschreibungsfhig (und auf welchen Zeitraum) werden drfen, ber das Bundesversicherungsamt erfolgt die Kontrolle.

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In Fortsetzung des Gedankens der 1% Anschubfinanzierung wird ein z. B. auf 13%-erhhter Anteil an den Gesamtbeitragseinnahmen des Gesundheitsfonds einem F&E-Konto zugefhrt. ber dieses F&E-Konto kann die einzelne Krankenkasse ihrem ihr zustehenden Gesundheitsfondsanteil entsprechend verfgen, allerdings muss sie entsprechende F&E-Investitionen im Nachgang nachweisen. Auch hier wiederum knnen die Anforderungen an erfolgreiche Versorgungs- und Systeminnovationen, wie sie in 1.4. definiert wurden, als Grundlage genommen werden. Wenn sie dazu nicht in der Lage ist, dann muss sie die Gelder an den Fonds zurckzahlen und diese werden dem Fondsvermgen fr das nchste Jahr zugefhrt. Krankenkassen und Versicherungen sind gleichzeitig darauf zu verpflichten, innerhalb eines angemessenen Zeitraums Qualitts- und Ergebnisberichte des Gesundheitszustands ihrer Versicherten und seiner Entwicklung ber die Zeit in Erweiterung der BQS-Berichterstattung fr Krankenhuser und einen Bericht ber ihre Investitionen in die F&E fr Versorgungsinnovationen zu verffentlichen. Diese Berichte sollen den Versicherten und der ffentlichkeit entsprechende Transparenz und Entscheidungshilfe geben und ermglichen, diejenige Krankenkasse auszusuchen, die am ehesten ihnen durch gute selektiv- wie kollektivvertragliche Versorgungssysteme die Gewhr fr einen hohen eigenen Gesundheitsnutzen bietet. Jenseits des Vergleichs der Zusatzbeitrge (und damit der Kosten) werden damit Krankenkassen belohnt, die sich durch erfolgreiche Anstrengungen in Primrwie Sekundrpvention von den anderen abheben. Der Gemeinsame Bundesausschu knnte hierfr in enger Zusammenarbeit mit den Vertretern der Patienten und Versicherten und der Bundesgeschftsstelle Qualittssicherung ein entsprechendes Anforderungsmodell an derartige Berichte entwickeln. Es ist zu befrchten, dass die Rechtsform der Krperschaften ffentlichen Rechts fr ein aktives investives Verhalten der Krankenkassen mittelfristig nicht ausreichen knnte. Deshalb sollte der Gesetzgeber darber hinaus prfen, inwiefern auch Gesetzlichen Krankenkassen Rechtsformen jenseits der Krperschaften ffentlichen Rechts ermglicht werden knnen, etwa im Sinne der Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit. In diesem Zusammenhang sind eine umfangreiche Prfung der vergaberechtlichen und steuerrechtlichen Vorschriften und die Entwicklung eines Regelungsrahmens vorzusehen, um eine rechtliche Behinderung der neuen Rechtsformen von vornherein zu vermeiden, eine ffentliche Regulierung aber dennoch durchzusetzen. Vorbilder in anderen europischen Lndern wie der Schweiz oder den Niederlanden existieren bereits.

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1.5.3

Indirekte gesetzgeberische Befreiungen und Verpflichtungen fr Leistungserbringer

Die Leistungserbringer, ob aus der rzteschaft, den Krankenhusern, der Pflege oder auch aus anderen Bereichen des Gesundheitswesens, sehen sich heute damit konfrontiert, dass ihre Leistung in ihrer Vergtung unabhngig ist von dem damit geschaffenen Gesundheitsnutzen, d.h. dem gesellschaftlich geschaffenen Wert (die abrechenbare DRG eines Krankenhauses differiert so z.B. nicht nach der Mehr- oder Minderinanspruchnahme an vertragsrztlichen Leistungen im anschlieenden Jahr aufgrund einer evtl. erhhten Gesundheitskompetenz des Patienten, die ihm im Krankenhaus durch entsprechende Schulungen vermittelt worden wre); unter dem Druck von bereits heute mglichen Ausschreibungen in Selektivvertrgen steht. Leistungserbringer befrchten in diesem Zusammenhang, dass bei einer solchen Ausschreibung Krankenkassen dem kurzfristigen Anreiz des niedrigsten Preises auf Kosten des mittel- bzw. langfristig kostengnstigsten PreisLeistungsverhltnisses nachgeben knnten. Beide Situationen fhren fr die Leistungserbringer zu einem Disincentive fr F+E der von uns vorgeschlagenen Ausrichtung. Das Interesse der Leistungserbringer wird dagegen einseitig auf eine Senkung von Produktionskosten und Erhhung der Leistungsmengen orientiert. Whrend ersteres durchaus gesamtwirtschaftlich zu begren ist, hat der zweite Anreiz im Gesundheitswesen mehrheitlich problematische Zge.

Als Lsung schlagen wir die Prfung folgender Gestaltungsoptionen vor: Als Belohnung von hherer Outcome-Qualitt gesttzt durch Ergebnisdaten, die ber die einzelnen Sektoren hinausgehen, schlagen wir die gesetzgeberische Untersttzung und Ausrichtung der Krankenkassen auf Pay for performance Vergtungen vor, wie sie in den USA und in UK fr Krankenhuser und z. T. rztegruppen eingefhrt werden bzw. bereits eingefhrt worden sind. Dabei gilt es zu beachten, dass keine steuerrechtlichen Hrden fr die Leistungserbringer aufgebaut werden. Zur Vermeidung von Gaming-Effekten von Krankenkassen mit Leistungserbringern gegen die Versicherten sollte seitens des Gesetzgebers geprft werden, alle selektivvertraglichen Regelungen auf die Einfhrung von ergebnisabhngigen Vergtungsanteilen zu verpflichten. Wir sind uns bewusst, dass entsprechende BeSeite 16

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rechnungsmethoden erst ber einen lngeren Zeitraum bei entsprechender Datenqualitt entwickelt werden knnen und dass die heutigen Datenschutzanforderungen zum Teil einer solchen transparenten Bewertung entgegenstehen. Eine Anpassung der Datenschutzanforderungen halten wir in der Abwgung zwischen dem Daten- und dem Gesundheitsschutz fr notwendig.

1.5.4

Indirekte gesetzgeberische Befreiungen und Verpflichtungen fr die gesundheitsnahe Industrie

Die gesundheitsnahe Industrie reicht von den Pharmaherstellern ber die Medizintechnik, die Telemedizin und Medizinsoftware bis hin zu der Biotech-Industrie, den Disease Management Dienstleistern, und den aufkommenden Telemonitoring-Dienstleistern. In gewissem Sinne lassen sich auch die den Medizinischen Versorgungszentren und den Managementgesellschaften der Integrierten Versorgung der gesundheitsnahen Industrie zuordnen, auch wenn sie systematisch den Leistungserbringern angehren. Sie stehen insbesondere vor dem Problem der Sektorengrenzen, d. h. dass ein Produkt oder eine Dienstleistung jenseits des Sektors Nutzen entfaltet, in dem es eingesetzt wird, dem anwendenden Leistungserbringer aber dieser Nutzen nicht zum Vorteil gereicht sondern sogar noch das Budget belastet. Auch hier ein Disincentive gegen die Weiterentwicklung von intelligenten Versorgungslsungen. Mit den Risk Share und Shared Value-Modellen der 130 a Vertrge sind hier erste bergreifende Lsungen entwickelt worden, derartige Vertragsformen gilt es weiter zu entwickeln.

Als Lsung schlagen wir die Prfung folgender Gestaltungsoptionen vor: Ausweitung der Vertragsmglichkeiten zwischen Anbietern im Bereich der gesundheitsnahen Industrie und der Krankenkassen und Krankenversicherungen nach dem Modell des 130 a im Sinne der Entwicklung von Versorgungsinnovationen Herausnahme von Risk Share und Shared Value-Modellen aus der Jurisdiktion des Vergaberechts auch schon im Vorwege einer Befreiung der Krankenkassen aus den Regelungen der Krperschaft ffentlichen Rechts.

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1.5.5

Indirekte gesetzgeberische Befreiungen und Verpflichtungen fr Patienten und Versicherte

Die Vermehrung der Wahlfreiheiten der Versicherten hat sich bisher vor allem auf die Beitragssatzhhe bezogen. Inzwischen ist es aber Zeit, hier durch entsprechende Transparenzvermehrung auch die qualitative und ergebnisbezogene Seite strker zu betonen, zumal die Versicherten und Patienten die Hauptleidtragenden fehlender Prozessinnovationen im Gesundheitssystem sind. Die bei den Krankenkassen beschriebene Pflicht zu Qualitts- und Ergebnisberichten wird hier schon einen ersten Anreiz setzen, die F+E Verpflichtungen und Befreiungen ebenso wie die anderen Vorschlge in den Teilabschnitten 1.4.1 1.4.4 werden ebenso Nutzen stiften, dennoch halten wir weitere Regelungen fr notwendig.

Als Lsung schlagen wir die Prfung folgender zustzlicher Gestaltungsoptionen vor: Ausweitung der Wahltarife fr Krankenkassen mit der Mglichkeit, auch regionalisierte Wahltarife fr kleinere Regionen anzubieten (da die Einfhrung von Wahltarifen heute mit relativ hohen Transaktionskosten verbunden ist, sollte hier durch den Gesetzgeber geprft werden, ob die Anforderungen an derartig kleinrumig regionalisierte Tarife verringert werden knnten) Ausweitung der Mglichkeiten von prventiven Wahltarifen mit variabler Laufzeitfestlegung (im Gegenzug zur nachgewiesenen Mitarbeit der Versicherten an der Senkung ihres Morbidittsrisikos und bei definierten Investitionsverpflichtungen der Krankenkassen in Prvention)

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Umfrage unter Meinungsbildern im Gesundheitswesen

2.1

Einleitung

Die zur Frderung von Integrierter Versorgung konzipierte Anschubfinanzierung endet mit Beginn des Jahres 2009. Das BMG hat deshalb die Verbnde gebeten, Konzepte zur Weiterentwicklung der Anschubfinanzierung zu entwickeln und Vorschlge zum Aufbau einer Forschungs- und Entwicklungskultur im Gesundheitswesen zu unterbreiten. Hildebrandt GesundheitsConsult hat dies zum Anlass genommen, eine entsprechende Befragung verschiedenster Akteure des Gesundheitswesens durchzufhren.

2.2

Ziel

Hildebrandt GesundheitsConsult GmbH, ein Beratungsunternehmen mit knapp 20jhriger Erfahrung im Bereich von Versorgungsoptimierung und Integrierter Versorgung, hat auf Basis eines standardisierten Befragungsbogens Meinungsbilder verschiedener Vertreter von Krankenkassen, stationrer und ambulanter Leistungserbringer, der Gesundheitsindustrie und weiterer Akteure aus dem erweiterten Umfeld des Gesundheitswesens (zusammenfassend Sonstige) abgefragt und ausgewertet. Aus den Rckmeldungen zu den unterschiedlichen Aspekten wie Anschubfinanzierung, Optimierung der Forschungs- und Entwicklungskultur oder Einflussmglichkeiten des Gesetzgebers lassen sich vielversprechende Anstze zur Frderung einer am Versorgungsbedarf orientierten Forschungs- und Entwicklungskultur im Gesundheitsmarkt ableiten.

2.3

Methodik

Die Umfrage erfolgte vor dem BSG-Urteil zur Interpretation des Barmer Hausarztvertrages und anderer Vertrge in der Zeit vom 11. bis 31. Januar 2008 als Online-Umfrage auf Basis eines standardisierten Fragebogens9. Adressiert wurden Kunden, Kooperationspartner und weitere kooperierende Akteure aus dem Gesundheitswesen. Eingegangen sind die Antworten von 203 Befragungsteilnehmern, davon konnten 190 ausgewertet werden. Diese 190 Befragungsteilnehmer wurden je nach Ttigkeit den Kategorien

Siehe 4. Verwendeter Fragebogen. Seite 19

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Krankenkasse [KK] mit 25 Befragungsteilnehmern, Krankenhaus [KH] mit 40 Befragungsteilnehmern, Industrie [IN] mit 32 Befragungsteilnehmern, ambulante Leistungserbringer [AL] mit 29 Befragungsteilnehmern (inklusive Apotheken und KVen) und Sonstige [SO] mit 64 Befragungsteilnehmern (z.B. Politik, Wissenschaft, Medien, Consulting) zugeordnet. Die Befragten sind vornehmlich in leitenden Funktionen ttig. Im standardisierten Fragebogen wurden fr jede der 30 vorgegebenen Fragen fnf verschiedene Antwortoptionen angeboten, die Befragten konnten die aus ihrer Sicht zutreffende durch Ankreuzen auswhlen. Die Bewertungsskala erstreckte sich von {-2}: Entspricht berhaupt nicht meiner Meinung und {-1}: Entspricht nicht meiner Meinung ber {0}: Keine Meinung; bis hin zu {+1}: Entspricht meiner Meinung und {+2}: Entspricht vllig meiner Meinung. Die erhaltenen Antworten stellen ebenso wie die Analyse der Befragungsergebnisse ein aktuelles Meinungsbild der unterschiedlichen Akteure dar, ein Anspruch auf Reprsentativitt der Befragungsergebnisse ist damit nicht verbunden.

Zur Ermittlung der prinzipiell zustimmenden bzw. ablehnenden Antworten wurden innerhalb der gltigen Rckmeldungen fr jede Fragestellung die Antwortkategorien {+1} und {+2} der Gruppe der zustimmenden und die Antwortkategorien {-1}:und {-2} der Gruppe der ablehnenden Antworten zugeordnet. Eine Gewichtung fand bewusst genau so wenig statt wie eine Bercksichtigung der Ausprgung 0 (keine Meinung). Auf dieser Basis wird im ersten Auswertungsschritt je Fragestellung der relative Anteil der zustimmenden bzw. ablehnenden Antworten an den Gesamtantworten bestimmt. Bei der sich anschlieenden Detailanalyse werden dann die gewichteten Meinungsbilder der einzelnen Befragungsgruppen heraus gearbeitet und zur Veranschaulichung in Form von Balkendiagrammen dargestellt. Dabei werden alle fnf einzelnen Antwortoptionen bercksichtigt und nach ihrem numerischen Wert gewichtet. Das Befragungsergebnis wird fr jede Frage und fr jede Befragungsgruppe in Form des jeweiligen Mittelwertes dargestellt. Abschlieend wird fr jede einzelne Frage die Durchschnittsmeinung aller Befragungsteilnehmer (auf Basis des gewichteten Mittelwerts) ermittelt und in Beziehung zu den befragungsgruppenspezifischen Durchschnittsmeinungen gesetzt, um gruppenspezifische Unterschiede in der Bewertung zu erkennen.

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Die folgende Abbildung 1 gibt eine bersicht ber den relativen Anteil der einzelnen Befragungsgruppen an den Gesamtteilnehmern.

Abbildung 1 Relativer Anteil der einzelnen Befragungsgruppen an allen Befragten

40%
Relativer Anteil der Befragungsgruppen

35% 30% 25% 20% 15% 10% 5% 0%


A mb ulant e Leist ung ser b r ing er St at io nr e Leist ung ser b r ing er Ind ust r ie Kr ankenkassen/ ver sicher ung en So nst ig e

Befragungsgruppen

2.4

Umfrageergebnisse

2.4.1

Anschubfinanzierung kontrovers beurteilt

Absicht bei der Formulierung der Fragen zur Anschubfinanzierung war es, ein Meinungsbild darber abzufragen, ob die Anschubfinanzierung retrospektiv als sinnvoll und prospektiv als notwendig beurteilt wird. Darber hinaus war es das Ziel, Anregungen fr eine eventuelle zuknftige Ausgestaltung zu erhalten. Eine Mehrheit der Befragten (52,4% Zustimmung gegenber 35,5% Ablehnung) sieht die Anschubfinanzierung als ein geeignetes Instrument zur sinnvollen Weiterentwicklung des Gesundheitswesens an. Dementsprechend wird sie von 54,6% der Befragten (bei 36,8% Ablehnungen) als weiterhin notwendig empfunden. 49,1% der Befragten befrworten (bei 41,8% Gegenstimmen) eine zuknftige Aufstockung, um den Wettbewerbsanreiz im Gesundheitsmarkt zu intensivieren. Diese wenn auch nicht durchgehende Befrwortung bringt einer der Teilnehmer in seinem Kommentar so auf den Punkt: Wer die Rahmenbedingungen vieler Akteure im Gesundheitswesen kennt, wei, dass jeder Seite 21

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eigene Interessen vertritt und sich nicht allzu viele Experimente erlauben kann. Anschubfinanzierungen bieten in dieser Situation die erforderliche Absicherung der Beteiligten. Die folgenden Abbildungen 2-4 zeigen das Gesamtmeinungsbild aller Befragungsteilnehmer zu den in Bezug auf die Anschubfinanzierung formulierten Fragen.

Anschubfinanzierung Gesamtmeinungsbild
Abbildung 2 - Die Anschubfinanzierung hat Ihren Zweck erfllt und ist in dieser Form nicht mehr ntig
45% Relativer Anteil an den einzelnen Antwortoptionen 40% 35% 30% 25% 20% 15% 10% 5% 0% -2 -1 0 1 2 Antwortoptionen gem Fragebogen

Abbildung 3 - Die Anschubfinanzierung hat gerade erste Anste gegeben und muss deutlich aufgestockt werden, um Wettbewerbsanreize zu liefern
35% Relativer Anteil an den einzelnen Antwortoptionen 30% 25% 20% 15% 10% 5% 0% -2 -1 0 1 2 Antwortoptionen gem Fragebogen

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Abbildung 4 - Die Anschubfinanzierung war von vornherein verfehlt, hat falsche Anreize gesetzt und sollte abgeschafft werden
40% Relativer Anteil an den einzelnen Antwortoptionen 35% 30% 25% 20% 15% 10% 5% 0% -2 -1 0 1 2 Antwortoptionen gem Fragebogen

Abbildungen 2-4:
ner Meinung.

{-2}: Entspricht berhaupt nicht meiner Meinung und {-1}: Entspricht nicht meiner

Meinung ber {0}: Keine Meinung; bis hin zu {+1}: Entspricht meiner Meinung und {+2}: Entspricht vllig mei-

Einerseits ist also eine positive Resonanz zur Anschubfinanzierung erkennbar. Andererseits zeigt sich aber auch eine deutliche Heterogenitt bei den Antworten. Dies leitet sich z.B. aus den 35,5% der Stimmen ab, die der Aussage zustimmen, dass die Anschubfinanzierung von vorn herein verfehlt war und falsche Anreize geschaffen hat und deshalb abgeschafft werden sollte. Besonders deutlich wird dieses heterogene Meinungsbild bei der Auswertung der zielgruppenspezifischen Detailanalyse. Die nachfolgende Abbildung 5 dokumentiert die Meinungen der einzelnen Befragungsgruppen und hebt die jeweils am strksten vom Durchschnittswert divergierende Befragungsgruppe hervor.

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Abbildung 5 - Anschubfinanzierung in der Einzelbewertung

Abbildung 5: AL: Ambulante Leistungserbringer; IN Industrie; KH: Krankenhaus; KK: Krankenkasse SO: Sonstige

2.4.2

Forschungs- und Entwicklungskultur im Gesundheitswesen bentigt die richtigen Anreize

Die Frderung einer Forschungs- und Entwicklungskultur im deutschen Gesundheitswesen ist ein wichtiges Ziel vieler Reformbemhungen. Uns hat interessiert, in welchen Bereichen Verbesserungspotenziale gesehen werden, wie konkrete Verbesserungen erreicht werden knnen und welche politischen Rahmenbedingungen dafr als notwendig erachtet werden. ber alle Befragungsgruppen hinweg besteht groer Konsens (84% Zustimmung und 4% Ablehnung), dass im bestehenden Vergtungssystem die zwischen den jeweiligen Sektoren und Fachgruppen bestehenden Grenzen adquaten Anreize verhindern und diese Hrden abgebaut werden mssten. Als das herausragende Ergebnis der Umfrage (87% Zustimmung bei 3% Ablehnung) wird die Forderung formuliert, die Voraussetzungen fr eine transsektorale Vernunft deutlich zu verbessern. Kritisiert wurde, dass insbesondere Krankenkassen aber auch die Leistungserbringer bisher keine Motivation haben, Etats fr Forschung & Entwicklung zur Verfgung zu stellen (82% Zustimmung bei 5% Ablehnung). Grundstzlich rege das derzeitige System eher dazu an, kurzfristig zu planen und die Bereitschaft der Akteure im Gesundheitswesen zu langfristig sinnvolSeite 24

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len Investitionen im Sinne von mehr Gesundheitsnutzen zu unterdrcken. Es sollten Foren geschaffen werden, die Raum fr offene und faire Kommunikation zwischen den einzelnen Akteuren der Gesundheitsversorgung bieten (69% Zustimmung bei 13%Ablehnung). Im Rahmen der abgegebenen Kommentare wird z.B. ein Innovationsforum Gesundheit Deutschland vorgeschlagen, welches mit Vertretern unterschiedlicher Interessengruppen aus Theorie und Praxis besetzt werden sollte. Fr alle zu diesem Themenblock gehrenden Aussagen finden sich auch bei einer Detailanalyse keine relevanten Abweichungen in den einzelnen Befragungsgruppen. Die nachfolgenden Abbildungen 6 - 10 fassen deshalb die Gesamtgruppenergebnisse zu den einzelnen Fragenkomplexen zusammen. Die eindeutigste Aussage der gesamten Befragung und auch dieses Themenkomplexes ist in der folgenden Abbildung 6 dargestellt, die weiteren Auswertungsergebnisse zu diesem Fragenkomplex sind in den Abbildungen 7 bis 10 abgebildet.

Abbildung 6 Themenkomplex F&E Frage 2: Fr die positive Weiterentwicklung der F&E Kultur im Gesundheitswesen ist die berwindung sektoraler Grenzen essentiell
70% R elativer Anteil an den einzelnen 60% A ntwortoptionen 50% 40% 30% 20% 10% 0% -2 -1 0 1 2 Antwortoptionen gem Fragebogen

Abbildung 6: {-2}: Entspricht berhaupt nicht meiner Meinung und {-1}: Entspricht nicht meiner Meinung ber {0}: Keine Meinung; bis hin zu {+1}: Entspricht meiner Meinung und {+2}: Entspricht vllig meiner Meinung.

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Abbildung 7 Themenkomplex F&E Frage 1: Fr die positive Weiterentwicklung der F&E Kultur im Gesundheitswesen fehlen die Anreize im bestehenden Vergtungssystem

Abbildung 8 Themenkomplex F&E Frage 3: Fr die positive Weiterentwicklung der F&E Kultur im Gesundheitswesen fehlen die Anreize fr langfristige Investitionen

70% R elative r A n teil a n d en ein z eln en A n tw o rto p tio n en 60% 50% 40% 30% 20% 10% 0% -2 -1 0 1 2 Antwortoptionen gem Fragebogen

50% 45% 40% 35% 30% 25% 20% 15% 10% 5% 0% -2 -1 0 1 2 Antworten gem Fragebogen

Abbildung 9 Themenkomplex F&E Frage 4: Fr die positive Weiterentwicklung der F&E Kultur im Gesundheitswesen fehlen F&E-Etats bei den Krankenkassen und Leistungserbringern

Abbildung 10 Themenkomplex F&E Frage 5: Es gibt zuwenig Treffpunkte und zu selten eine offene, faire Kommunikation zwischen den verschiedenen Zweigen der Gesundheitswirtschaft.

Relativer Anteil an den einzelnen Antwortoptionen

60%
40%

50% 40% 30% 20% 10% 0% -2 -1 0 1 2 Antw ortoptionen gem Fragebogen

Relativer Anteil an den einzelnen Antwortoptionen

R e l a ti v e r A n t e i l a n d e n e in z e l n e n A n tw o r to p tio n e n

35% 30% 25% 20% 15% 10% 5% 0% -2 -1 0 1 2 Antw ortoptionen gem Fragebogen

Abbildung 7-10: {-2}: Entspricht berhaupt nicht meiner Meinung und {-1}: Entspricht nicht meiner Meinung ber {0}: Keine Meinung; bis hin zu {+1}: Entspricht meiner Meinung und {+2}: Entspricht vllig meiner Meinung.

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2.4.3

Die Gesetzgebung - hier wird der grte Vernderungsbedarf gesehen

Bei welchen Akteuren liegt der grte Vernderungsbedarf und was sind die Chancen und Mglichkeiten der Gesetzgebung fr eine verbesserte Forschungs- und Entwicklungskultur im Gesundheitswesen? Welche Mglichkeiten soll die Gesetzgebung den Akteuren des Gesundheitswesens bereitstellen und welche Pflichten soll sie Ihnen auferlegen? Liegen die besonderen Innovationspotenziale im Bereich der Krankenkassen, bei den ambulanten und stationren Leistungserbringern oder in der Industrie? Oder muss der Hebel vielleicht an anderer Stelle, nmlich z. B. bei der Bevlkerung, angesetzt werden?

2.4.3.1 Krankenkassen und Versicherungen


In der alle Teilnehmergruppen umfassenden Gesamtbetrachtung wurde das Innovationspotenzial bei Krankenkassen und Versicherungen heterogen bewertet. Keine klare Aussage ist zu erkennen bei der Beantwortung der Frage, ob Krankenkassen die Mglichkeit zum vollen Unternehmensstatus erhalten sollen oder eigene medizinische Einrichtungen etablieren drfen. Mehrheitliche Zustimmung findet die Forderung, Krankenkassen den Abschluss von Selektivvertrgen zu ermglichen. Dieses befrworten 59% der Befragten bei 28% Ablehnung. Beim Thema Finanzierung von Forschungs- und Entwicklungsaufwendungen bei den Krankenkassen wurde sowohl die Mglichkeit, diese aus den Beitrgen heraus leisten zu drfen (65% Zustimmung bei 21% Ablehnung) als auch vor allem die Erlaubnis, diese auch abschreiben zu drfen (65% Zustimmung bei 15% Ablehnung) als richtiger Ansatz bewertet. Die Verpflichtung der Krankenkassen zu Forschungs- und Entwicklungsbudgets, die bei Nichtverwendung in einen zentralen Topf flieen, findet Zustimmung bei 59% der Befragten (bei 22% Ablehnung). Eine Pflicht zur Vernderung der Buchhaltungsvorschriften bei Krankenkassen mit der Option zur Abschreibung von F&E Leistungen findet ber alle Gruppen Zustimmung (70% Zustimmung bei 15% Ablehnung). Ein Kommentator empfahl, die Kosten fr Forschung und Entwicklung direkt aus dem Gesundheitsfonds zu finanzieren und bei einem Zuschlag von z. B. 0,1%-Punkten umgerechnet ca. 1 Mrd. Euro zur Verfgung stellen zu knnen. In Abbildung 11 sind die Meinungsbilder der einzelnen Berufsgruppen dargestellt. Die jeweils am strksten vom Durchschnitt divergierenden Befragungsgruppen sind hervorgehoben.

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Abbildung 11 - Mglichkeiten und Pflichten fr Krankenkassen durch den Gesetzgeber

Abbildung 11: AL: Ambulante Leistungserbringer, IN: Industrie, KH: Krankenhuser, KK: Krankenkassen, SO: Sonstige.

Eine Betrachtung der einzelnen Befragungsgruppen unterstreicht die Kontroversitt der Antworten. Dies wird besonders deutlich, wenn die Frage gestellt wird, ob den Kassen die Grndung von medizinischen Eigeneinrichtungen und der zunehmende Abschluss von Selektivvertrgen ermglicht werden soll. Krankenkassen wnschen sich dies, Krankenhuser hingegen lehnen dies entschieden ab. Insgesamt divergieren die Meinungen am strksten zwischen den Befragten aus den Bereichen Krankenhuser und Krankenkassen. Zudem ist eine Zweiteilung erkennbar, in der sich die zwei folgenden Gruppen gegenberstehen: Auf der einen Seite stationre und ambulante Leistungsanbieter und auf der anderen Seite Krankenkassen, Industrie und Sonstige. Interessant ist zudem, dass sich Befragte aus der Industrie (mit 70% Zustimmung) deutlich von den Meinungen der anderen Gesundheitsakteure abheben. Die Gesundheitsindustrie wrde es z.B. gerne sehen, wenn die Krankenkassen die Mglichkeit erhielten, einen vollstndigen Unternehmensstatus zu erlangen.

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2.4.3.2 Leistungserbringer (rzte, Apotheken, Krankenhuser, Hilfs- und Heilmittel, Pflege).


Bei den Fragen ber die potenzielle Rolle der Leistungserbringer uerten sich alle Befragungsgruppen relativ einheitlich. Sowohl die Mglichkeit zu erweiterten Vertragsfreiheiten und die Frderung von mehr Qualittswettbewerb als auch die Verpflichtung zu mehr Ergebnisverantwortung und zunehmender Erfolgsmessung (im Sinne von Outcomes ber die Sektorengrenzen hinweg als Bedingung und als Teil der Preisfindung) wurde von den Befragten (im Durchschnitt 83% Zustimmung gegenber 5% Ablehnung) eindeutig befrwortet. Die Pflicht zu einer vollen Mehrwertsteuer fr alle Marktteilnehmer, eine Anregung aus dem Kreis der Gesundheitswirtschaftsinitiative, wird hingegen mehrheitlich abgelehnt (57% Ablehnung; 18% Zustimmung). Abbildung 12 dokumentiert die Meinungsbilder der einzelnen Gruppen und hebt die jeweils am strksten vom Durchschnitt divergierende Befragungsgruppe hervor.

Abbildung 12 - Mglichkeiten und Pflichten fr Leistungserbringer durch den Gesetzgeber

Abbildung 12: AL: Ambulante Leistungserbringer, IN: Industrie, KH: Krankenhuser, KK: Krankenkassen, SO: Sonstige.

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2.4.3.3 Industrie
Die Antworten auf die Fragen nach der potenziellen Rolle der Industrie lieen gruppenbergreifend das folgende Meinungsbild erkennen: Einer Beteiligung der Industrie als Partner an Selektivvertrgen stimmt eine berwiegende Mehrheit der Befragten zu (66% Zustimmung bei 18% Ablehnung). Die bernahme von Ergebnisverantwortung und die Erbringung von Kosten/Nutzen-Nachweisen innerhalb einer definierten Zeitspanne durch die Industrie wurde von allen Befragten inklusive der Industrie selbst stark befrwortet (71% Zustimmung; 8% Ablehnung). Eine Einflussnahme der Industrie auf den GBA wurde hingegen genauso wie eine Beteiligung an Versorgungsstrukturen (z.B. MVZ oder Apotheken) mehrheitlich verneint und nur von den Industrievertretern positiv beurteilt. Eine stringente Forderung wurde aus dem Umfeld der Krankenkassen formuliert: Die Industrie msste zu einer Erweiterung der Produkthaftung verpflichtet werden. Im Vergleich zur Gesamtanalyse liefert die Einzelanalyse aufgeteilt in die jeweiligen Befragungsgruppen ein differenziertes Bild. Ein ausgewogenes Stimmungsbild gibt es nur bei den Pflichten, die der Industrie auferlegt werden sollten. Zu den Mglichkeiten, die der Gesetzgeber der Industrie bieten sollte, bestehen hingegen sehr unterschiedliche Ansichten. Wenn es um die Mglichkeit zu Vertragspartnerschaften bei Selektivvertrgen, einer greren Beteiligung bei der Ausrichtung der G-BA Kriterien oder einer unternehmerischen Beteiligung an Versorgungsstrukturen geht, sind ambulante Leistungstrger dezidiert dagegen eingestellt und grundstzlich anderer Meinung als die Befragten aus der Industrie. Noch deutlicher als bei der Frage, was der Gesetzgeber den Krankenkassen ermglichen bzw. auferlegen sollte, bilden auch hier ambulante Leistungserbringer und Krankenhuser die eine Fraktion und Vertreter der Industrie, der Krankenkassen und Sonstige die andere. Abbildung 13 dokumentiert die Meinungen der einzelnen Befragungsgruppen und hebt fr jede Frage die jeweils am strksten vom Durchschnitt divergierende Befragungsgruppe hervor.

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Abbildung 13 - Mglichkeiten und Pflichten fr die Industrie durch den Gesetzgeber

Abbildung 13: AL: Ambulante Leistungserbringer, IN: Industrie, KH: Krankenhuser, KK: Krankenkassen, SO: Sonstige.

2.4.3.4 Bevlkerung
Grere Transparenz durch Qualitts- und Outcomedarlegung von Leistungserbringern und Krankenkassen wurde im Durchschnitt mit 85% Zustimmung bei 5% Ablehnung als eines der eindeutigsten Resultate unserer Befragung von allen befragten Gruppen gefordert. Eindeutig befrwortet wurden im Sinne einer Fortfhrung der angestoenen Liberalisierung (64% Zustimmung bei 8% Ablehnung) auch erweiterte WahlTarifoptionen ber 53 SGB V hinaus. Zustimmung fand auch, dass der Bevlkerung bestimmte Pflichten vom Gesetzgeber auferlegt werden sollten. Dies gilt z. B. fr die Einfhrung von "Health Savings Accounts" und strkerer privater Vorsorge (66% Zustimmung bei 15% Ablehnung). Allerdings antworteten bei diesem Thema auch durchschnittlich 18% der Befragten mit einer klaren Ablehnung und eine ganze Reihe der Befragten begrndete dies in ihren Kommentaren damit, dass eine Verpflichtung zu Prvention und Vorsorge einen zu starken Eingriff in die individuelle Freiheit des Einzelnen bedeuten wrde. Aus der Einzelanalyse, siehe nachfolgende Abbildung, ergibt sich erneut, dass stationre und ambulante Leistungsanbieter hnliche und von den drei restlichen Befragungsgruppen oftmals deutlich abweichende Meinungsbilder haben. Deutlich wird dies bei dem Vorschlag, dass der Gesetzgeber die Bevlkerung zu Prvention und Screening verpflichten soll. Industrie, Krankenkassen und Sonstige fordern Seite 31

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dieses weit weniger stark bzw. haben die erwhnten Vorbehalte. Abbildung 14 dokumentiert die Meinungen der einzelnen Befragungsgruppen und hebt bei jeder Frage die jeweils am strksten vom Durchschnitt divergierenden Befragungsgruppe hervor. Abbildung 14 - Mglichkeiten und Pflichten fr die Bevlkerung durch den Gesetzgeber

Abbildung 14: AL: Ambulante Leistungserbringer, IN: Industrie, KH: Krankenhuser, KK: Krankenkassen, SO: Sonstige.

2.5

Zusammenfassung der Umfrageergebnisse und Fazit

Um die Kernaussagen aus den Antworten unserer Umfrage bzgl. der Optimierung einer Forschungs- und Entwicklungskultur im deutschen Gesundheitswesen darzustellen, haben wir die 15 am strksten (und unabhngig von einzelnen Befragungsgruppen) vertretenden Positionen unserer Befragung ermittelt und in der folgenden Abbildung 15 dargestellt. Dazu wurden diejenigen Antworten von Teilnehmern ohne konkrete Meinung mit dem Skalenwert {0} aus der Bewertung eliminiert. Der Anteil aller zustimmenden Antworten (Antwortkategorien {+1} und {+2}) wurden genauso wie der aller ablehnenden Antworten (Antwortkategorien {-1}:und {-2}) ungewichtet zusammen gefasst. Der Differenzbetrag aus dem Anteil zustimmender Antworten und dem Anteil ablehnender Antworten ist in Prozent dargestellt. Die Frage mit dem in diesem Sinne grten DifferenzSeite 32

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betrag zwischen dem Anteil zustimmender und ablehnenden Antworten erhlt den Rang 1.

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Abbildung 15 Die 15 am strksten vertretenen Positionen


Themenblock 2; Frage 2: Fr die positive Weiterentwicklung der F&E Kultur im Gesundheitswesen ist die berwindung sektoraler Grenzen essentiell. Themenblock 3; Frage 2: Der Gesetzgeber sollte den Qualittswettbewerb bei den Leistungserbringern intensiver frdern. Themenblock 6; Frage 2: Der Gesetzgeber sollte der Bevlkerung grere Transparenz durch Qualittsdarlegung mit Outcome von Leistungserbringern und Krankenkassen ermglichen. Themenblock 2, Frage 1: Fr die positive Weiterentwicklung der F&E Kultur im Gesundheitswesen sollten Anreize im bestehenden Vergtungssystem geschaffen werden. Themenblock 5; Frage 5: Der Gesetzgeber sollte die Industrie zu Kosten/Nutzen-Nachweisen innerhalb einer definierten Zeitspanne verpflichten. Themenblock 3; Frage 3: Der Gesetzgeber sollte die Leistungserbringer zu mehr Ergebnisverantwortung verpflichten. Themenblock 3; Frage 6: Der Gesetzgeber sollte Leistungserbringer zur Erfolgsmessung (im Sinne von Outcomes) ber die Sektorengrenzen hinweg als Bedingung und als Teil der Preisfindung verpflichten. Themenblock 2; Frage 3: Fr die positive Weiterentwicklung der F&E Kultur im Gesundheitswesen sollte die Motivationsgrundlage fr langfristige Investitionen geliefert werden. Themenblock 3; Frage 5: Der Gesetzgeber sollte die Leistungserbringer zu mehr Qualittsmanagement und -sicherung verpflichten. Themenblock 2; Frage 4: Fr die positive Weiterentwicklung der F&E Kultur im Gesundheitswesen muss die Motivationsgrundlage fr die Bereitstellung F&E Etats bei Krankenkassen geliefert werden. Themenblock 3; Frage 1: Der Gesetzgeber sollte den Leistungserbringern eine Erweiterung der Vertragsfreiheiten ermglichen. Themenblock 5; Frage 4: Der Gesetzgeber sollte die Industrie zur bernahme von Ergebnisverantwortung verpflichten. Themenblock 6; Frage 1: Der Gesetzgeber sollte der Bevlkerung erweiterte Tarifoptionen ber 53 SGB V hinaus ermglichen. Themenblock 2; Frage 5: Fr die positive Weiterentwicklung der F&E Kultur im Gesundheitswesen sollte es mehr Treffpunkte und eine faire, offene Kommunikation zwischen den verschiedenen Interessengruppen der Gesundheitswirtschaft geben. Themenblock 4; Frage 7: Der Gesetzgeber sollte Krankenkassen und Versicherungen zu einer nderung der Buchhaltungsvorschriften fr die Krankenkassen verpflichten, um somit die Abschreibung von Innovationsaufwand zu ermglichen.

1.

2.

3.

4.

5.

6.

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8.

9.

10.

11.

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in %

60

80

100

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Fazit
Einig waren sich die meisten Teilnehmer in der Auffassung, dass das deutsche Gesundheitswesen dringend den Ausbau einer eigenen Forschungs- und Entwicklungskultur zu Weiterentwicklung neuer Versorgungsformen und zur Sicherung des Zugangs von Innovationen in das Gesundheitssystem bentigt. Die jetzigen sektoralen Budgetgrenzen fhrten zu Blockaden des institutionellen Denkens und behinderten damit in vielfltiger Form die Weiterentwicklung einer modernen und ber die Sektoren hinaus weisenden effizienten Medizin. Die Anschubfinanzierung der Integrierten Versorgung ist im Rckblick bei aller Kritik im Detail durchaus als ein erfolgreicher Ansto fr erste Entwicklungen von vielversprechenden Versorgungsinnovationen zu verstehen. Dieser Ansto sollte aber nicht abgebaut, sondern intelligent weiter entwickelt werden. Wenn sie jetzt nach Meinung des Gesetzgebers mit dem 31.12.2008 auslaufen soll, mssten dafr andere Wege und Mittel gefunden werden, um den gleichen oder einen noch besseren Effekt zu erzielen. Hhere Qualitt und mehr Wirtschaftlichkeit wrden sich dabei nicht ausschlieen, aber wie immer erfordere die Entwicklung von mehr Effizienz zunchst einmal das Investment in solche Effizienzsteigerungen und den Abbau entsprechender Hemmnisse. Hierfr Lsungen zu finden, ist die aktuell anstehende Aufgabe. Auf der gesetzgeberischen Seite wurde insbesondere betont, dass der Gesetzgeber die richtigen Anreize zur Frderung des Qualitts- und Effizienzwettbewerbs setzen msse, so dass sich langfristige Investitionen rechnen knnen und entsprechende Forschungs- und Entwicklungsetats bei Krankenkassen und Leistungserbringern zur Verfgung gestellt werden. Im Falle der Krankenkassen wurde u. a. darber nachgedacht, ob derartige Investitionen z.B. durch Abschreibungsoptionen ber mehrere Jahre verteilt werden knnten bzw. ob und ggf. wie hierfr Mittel aus dem knftigen Gesundheitsfonds zur Verfgung gestellt werden knnten. Fr die Leistungserbringer wurde die Verpflichtung zur Qualitts- und Ergebnisdarlegung in Verbindung mit Kosten-/NutzenNachweisen und Ergebnisverantwortung durchweg als wichtiger Impulsgeber fr Versorgungsinnovationen gesehen, auch wenn die Leistungserbringer sich selbst ungern auf den ffentlichen Prfstand begeben wollen. Als positive Belohnung von hherer Outcome-Qualitt gesttzt durch Ergebnisdaten, die ber die einzelnen Sektoren hinausgehen, wurden etwa Pay for performance Vergtungselemente vorgeschlagen, wie sie in den USA und in UK fr Krankenhuser und rztegruppen eingefhrt werden. Dieses sei der Anfang fr mehr Transparenz bei Leistungserbringern, Industrie und Krankenkassen gegenber der Bevlkerung und den mndigen Versicherten und Patienten. Mehr Transparenz und bessere Information werden als beraus notwendig eingestuft, da die Nachfragesteuerung nicht mehr durch Gremien und Experten allein, sondern auch durch preis- und qualittssensible Konsumenten erfolge und erfolgen solle. Seite 35

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Auch knne die Bevlkerung erst bei einem guten Informationsniveau ein gengendes Bewusstsein fr Prvention und eigenverantwortliche Gesundheitsvorsorge in einer qualitativ hochwertigen Gesundheitsversorgung entwickeln. Ohne die Einbeziehung der Bevlkerung und ihrer Eigeninitiative wiederum knne eine Umkehr von der heutigen Krankheitsorientierung zu einer dezidierten Gesundheitsorientierung im Gesundheitssystem nicht erreicht und das damit verbundene volkswirtschaftliche Potenzial nicht realisiert werden. Dieses erscheint angesichts der absehbaren demographischen Entwicklung aber notwendiger denn je.

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Anhang

3.1

Bezugsoption: Detailergebnisse der Umfrage

Fr die gruppenspezifische Auswertung der Antworten auf die einzelnen Fragen haben wir einen eigenen Detailband ausgearbeitet. Wenn Sie an diesen konkreten Detailergebnissen der Umfrage interessiert sind, teilen Sie uns dies bitte unter

office@gesundheitsconsult.de oder 040-5148550 mit oder schauen Sie im Internet unter www.gesundheitsconsult.de nach. Wir stellen Ihnen die Detailergebnisse dann gerne kostenlos als pdf zur Verfgung.

3.2

ber Hildebrandt GesundheitsConsult GmbH

Hildebrandt GesundheitsConsult GmbH engagiert sich als spezialisiertes unabhngiges Beratungsunternehmen seit der Grndung im Jahre 1991 in allen Teilbereichen der Gesundheitswesens und der Gesundheitswirtschaft einschlielich verwandter Bereiche wie Life Sciences, Medical Wellness und gesundheitsbezogener IT-Dienstleistungen.. Mehr als 500 nationale und internationale Mandanten wurden durch die Beratungsleistungen von Hildebrandt GesundheitsConsult bereits darin untersttzt, einen gesundheitlichen Mehrnutzen fr ihre Patienten, Kunden, Anteilseigner und die Bevlkerung zu entwickeln.. Das Team von Hildebrandt GesundheitsConsult setzt sich aus Experten der Bereiche Public Health und Life Sciences zusammen, hierzu gehren rzte, Gesundheitskonomen, Pharmazeuten, Pflege-, Betriebs- und Naturwissenschaftler u. a. Berufsgruppen. Ergnzt wird das Know-how durch ein Kompetenznetzwerk assoziierter Partner. Schwerpunkte unseres Handelns: Die zukunftssichere strategische Planung und Positionierung von Leistungserbringern, Krankenversicherungen und anderen Unternehmen der Gesundheitswirtschaft wie aber auch Planungsbehrden mit Ausrichtung auf nachhaltigen Gesundheitsnutzen.

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Die Konzipierung innovativer neuer Versorgungsformen, die gesundheitskonomische Modellierung und Kalkulation, die Verhandlungsfhrung mit Kostentrgern sowie ggfls dritten Partnern sowie die Begleitung bei der Umsetzung. Die Ausarbeitung bzw. Optimierung von Organisations- und Prozessablufen, die Entwicklung betriebswirtschaftlicher Berechnungen und die Kalkulation von Business Plnen.

Bei unserer Arbeit lassen wir uns von folgenden Grundberzeugungen leiten: Gesundheit und Gesundheitsnutzen als Ziel: Wir leisten einen Beitrag fr die Optimierung der Gesundheit der Bevlkerung, die Qualitt der Versorgung und die erfolgreiche Weiterentwicklung von Produkten, Prozessen und Strukturen der Versorgung, der Organisation des Gesundheitswesens und der Gesundheitswirtschaft. Vernderungen als Herausforderung: Wir stellen uns den Herausforderungen, die aus den Vernderungen des Gesundheitswesens erwachsen. Wir wollen einen Beitrag dazu leisten, dass der notwendige Wandel human und effizient gestaltet wird. Positionierung im Wettbewerb: Wir wissen, dass Gesundheit kein Markt wie jeder andere ist, schlieen daraus aber nicht, dass das Gesundheitssystem nicht zunehmend wettbewerblich ausgerichtet werden kann. Nur durch Wettbewerb entstehen gesellschaftlicher Wert und sichtbarer Kundennutzen in Form von Behandlungsergebnissen. Interdisziplinre Kompetenz: Wir knnen die zuknftigen Herausforderungen nur im Team mit interdisziplinrem Verstndnis aufnehmen. Wir verfgen ber Wissen aus den unterschiedlichen Gesundheitsberufen mit den Erkenntnissen moderner Organisationsund Managementtheorien. Wir ergnzen unser eigenes Know-how durch ein groes Netzwerk kompetenter Kooperationspartner. Kontinuitt und Innovationen: Wir sehen Traditionen als wertvolle Inspirationen und Chancen fr einen nachhaltigen USP und nutzen diese fr die Weiterentwicklung. Innovationen sind insofern fr uns kein Selbstzweck sondern mssen sich anknpfen an die Geschichte der Institutionen. Lebendige Arbeitsatmosphre: Wir leben in der Erfahrung, dass eine offene Kommunikation, Glaubwrdigkeit und Respekt im Umgang miteinander und mit unseren Mandanten die Voraussetzung fr dauerhaften Erfolg sind.

Mehr Informationen ber Hildebrandt GesundheitsConsult GmbH finden Sie auf der Website www.gesundheitsconsult.de. Seite 38

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Verwendeter Fragebogen

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